Sensorische Ausprägung des Riesling Terroirs in Rheinland-Pfalz

Vortrag zur 51. Kreuznacher Wintertagung von
Prof. Dr. Ulrich Fischer, Andrea Bauer, Sascha Wolz (alle DLR - Rheinpfalz)

Angesichts der aktuellen Diskussion über das Für und Wider bestimmter oenologischer Verfahren und der fortschreitenden Globalisierung des Weinmarktes in Deutschland müssen sich die deutschen Winzer mehr denn je fragen, was ihr Alleinstellungsmerkmal ist, das nicht von Mitbewerbern übernommen werden kann und gleichzeitig das Interesse und die Neugierde ihrer Kunden weckt. Nicht von ungefähr rückt daher auch in Deutschland in den letzten 5 Jahren der ursprünglich aus Frankreich stammende Begriff des Terroirs mehr und mehr in das Zentrum vieler Diskussionen, da die regionale Bodenbeschaffenheit, das Mikroklima und die Hangneigung bzw. –ausrichtung einer Weinbergslage einmalig ist und nirgendwo auf der Welt kopiert werden kann. Der Riesling stellt eine international anerkannte deutsche Spezialität dar, die mit Ausnahme vom Elsass, Österreich und zukünftig auch Australien, in keinem anderen Weinanbauland eine dominierende Rolle spielt, und daher wie geschaffen ist, als Alleinstellungsmerkmal im internationalen Weinkonzert wertvolle Dienste zu leisten. Gleichzeitig reagiert wohl keine andere Rebsorte so stark auf die Unterschiede in der Bodenbeschaffenheit und dem Mikroklima reagiert. Um Weine von einem bestimmten Terroir erfolgreich vermarkten zu können, bedarf es der Kommunikation ihrer sensorischen Eigenschaften, um damit die vom Kunden erfahrbare Vielfalt zu dokumentieren und sie auch von einfachen Basisweinen abgrenzen zu können. Man ist sich in Deutschland einig, dass der Begriff Terroir nur für die hochwertigsten Weine Anwendung finden sollte, während bei Premium- und Basisweinen statt dessen von regionalen Profilen gesprochen wird, wie etwa bei DC Pfalz. Während das geografische Landesamt in Rheinland-Pfalz bereits eine weit fortgeschrittene Kartierung verschiedener Bodenformationen vorweisen kann, fehlt es an einer sensorischen Interpretation dieser geologischen Vielfalt im Kontext Wein. Gleichzeitig mangelt es weltweit an wissenschaftlichen Belegen dafür, wie die als Terroir zusammengefasste Einheit von Boden, Topografie und Mikroklima Einfluss auf die Sensorik des Weines nimmt und welche Kausalitäten vorliegen.

Um diese Lücke schließen zu können, werden seit dem Jahrgang 2004 in Zusammenarbeit mit dem VDP Pfalz und aus 12 sehr unterschiedlichen Lagen Rieslingtrauben geerntet, die im jeweiligen Weingut betriebstypisch ausgebaut werden und parallel im DLR Rheinpfalz unter standardisierten Bedingungen, die gleichermaßen für alle Herkünfte gelten. Der Vergleich dieser beiden Ausbauvarianten soll darüber Auskunft geben, welchen Einfluss der individuelle Weinausbau im Weingut neben dem Terroir hat. In Zusammenarbeit mit dem DLR Mosel und DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück wurden 2005 zusätzlich 12 weitere Lagen aus ganz Rheinland-Pfalz in das Forschungsprogramm aufgenommen, die ebenfalls zentral am DLR Rheinpfalz und betriebstypisch in den kooperierenden Weingütern ausgebaut werden.

Die sensorische Charakterisierung durch 20 trainierte Prüfer, die in dreifacher Wiederholung die Weine verkosteten, ergab für den im gleichen Weingut und unter vergleichbaren Bedingungen ausgebauten Weine aus dem Deidesheimer Kieselberg und der Forster Pechstein erhebliche Unterschiede. So war der auf dem kräftigeren Löß-Lehm-Basalt Boden gewachsene Riesling aus dem Pechstein intensiver in Zitrone, Pfirsich, Mango und Honigmelone, während der aus dem leichteren Buntsandstein des Kieselberg stammende Wein durch mehr Säure auffiel und geringfügig intensivere grüne Noten und Mineralität besaß. Bei der Anwendung einer Diskriminanzanalyse gelang es, die Weine anhand ihrer sensorischen Ausprägung je nach ihrem Ausgangsgestein zu unterscheiden. Dabei war auffällig, dass die Unterschiede in bei den in den Weingütern ausgebauten Weinen deutlich größer ausfielen, als bei den Weinen, die aus den gleichen Trauben unter standardisierten Bedingungen im Technikum des DLR ausgebaut wurden. Dies belegt, dass der Faktor Mensch nicht zu unterschätzen ist.

Damit das Terroir eine dominierend Rolle in der Weinstilistik übernehmen kann, wird eine defensive Kellerwirtschaft für Terroir-Weine empfohlen. Diese sieht Maischestandzeiten mit hochaufgereinigten Enzymen vor, damit ein Maximum der in der Traube gebildeten Aromastoffe in den Most übertreten kann. Nach starker Vorklärung wird eine gezügelte Gärung bei 18°C mit einem Hefestamm, der einen hohen Endvergärungsgrad gewährleistet, jedoch nicht zu rasch vergärt und wenn möglich eine ß-Glucosidase Nebenaktivität zeigt. Gesundes und reifes Lesegut verbunden mit konsequenter Vorklärung, sowie der Einsatz komplexer Hefenährstoffe sollten eine Weinschönung obsolet machen, so dass der weitere Weinausbau auf Abstich und Filtration beschränkt werden kann. Eine längere Hefestandzeit und späterer Abfülltermin ermöglicht im Wein Stabilisationsprozesse, die eine Bentonitschönung oder technische Weinsteinstabilisierung erübrigt. Die von manchen Winzern praktizierte Spontangärung ist aus unserer Sicht kein zwingender Bestandteil der Vinifkation von Terroir-Weine. Eigenen Untersuchungen zu Folge, spielt die Spontanflora des Kellers eine weitaus größere Rolle als die aus dem Weinberg, die sich zwischen den verschiedenen Terroirs unterscheiden würde. Zum anderen überlaget die sensorische Ausprägung der Spontangärung häufig die filigranen, die Terroirs differenzierenden Aromen, was dem eigentlichen Ziel entgegenwirkt. Geringe Verschnittanteile spontanvergorener Teilpartien können jedoch die Komplexität erhöhten und auch zur Einstellung der optimalen Restsüße dienen.

Mit diesem Projekt werden zum ersten Mal für Rieslinglagen aus ganz Rheinland-Pfalz strukturelle Beziehungen zwischen bodenkundlichen, klimatischen und rebphysiologischen Standortfaktoren und den wertgebenden Inhaltsstoffen und ihrer sensorischen Ausprägung untersucht. Wenn es gelingt, spezifische sensorische Marker für bestimmte Terroirs zu identifizieren, kann dies nicht nur als Grundlage für eine besser nachvollziehbare Kommunikation von Terroir dem Verbraucher gegenüber dienen, sondern auch helfen, die anfangs aufgezeigte Lücke zwischen dem umfangreichen geologischen Kartenmaterial einerseits und der vom Verbraucher wahrnehmbaren sensorischen Dimension der Weine andererseits zu schließen. Dieses vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau geförderte Forschungsprojekt hat zum Ziel, die Vielfalt und Andersartigkeit verschiedener Lagen darzustellen; über ihre Wertigkeit entscheidet hingegen allein das vermarktende Weingut und der Verbraucher, wenn er bereit ist, für hochwertige „Terroir-Weine“ einen Premiumpreis zu bezahlen.

Fragen zum Artikel können an die e-mail Adresse ulrich.fischer@dlr.rlp.de gerichtet werden.

Fischer, U. , A. Bauer (2006) Das Terroir schmeckbar machen. Sensorische Ausprägungen des Rieslings in verschiedenen Lagen der Pfalz. – Das Deutsche Weinmagazin 12 (2), 24-31


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