Streuobst nutzen | |||||||||||||||||||||||||
Durch Sammelmaschinen kann die Ernte schneller und damit kostengünstiger erfolgen. Foto: Dr. J. Lorenz | |||||||||||||||||||||||||
Wertschöpfung selbst generieren Die Erlöse aus Streuobst können zusätzlich erhöht werden, wenn es gelingt, eine zusätzliche Stufe der Wertschöpfung im eigenen Betrieb zu halten. Dies ist beispielsweise durch die eigene Verarbeitung der Früchte zu Saft oder Viez denkbar, wenn Arbeitskapazitäten vorhanden sind. Mit wenig Aufwand kann durch mobile Keltereien der eigene Apfelsaft vor Ort erzeugt und in Bag-in-Box-Gebinde abgefüllt werden. Im Hofladen oder über regionale Strukturen lässt sich dieser gut absetzen. Die Herstellung von Viez oder feinen Destillaten bedarf deutlich mehr Technik sowie Fachkenntnisse und ist nicht immer und überall möglich. Durch das Auslaufen des Branntweinmonopols in 2017 sind gerade für den Bereich der Brennerei zusätzlich neue Lösungen zu suchen. Momentan gelten die Brennereien noch als eine bedeutende Verwertungsmöglichkeit für Früchte aus Streuobst. Die Vermarktung von Streuobst als Tafelfrucht ist ein interessanter Ansatz. Diesem sind aus unterschiedlichen Gründen jedoch relativ enge Grenzen gesetzt. Zunächst müssen die Früchte mit dem aktuellen Marktangebot der Tafelsorten konkurrieren. Viele Streuobstsorten sind traditionelle Wirtschaftsfrüchte und geschmacklich nicht so hochwertig, dass sie mit Genuss roh gegessen werden. Das schränkt das Angebot zunächst einmal ein. Die Ernte am Hochstamm ist sehr aufwendig, so dass viele Baumeigentümer auch bei guten Preisen die Mühe scheuen, Früchte zum Verkauf zu pflücken. Durch oftmals fehlende Pflege und Kulturführung ist der so genannte pack-out (vermarktungsfähige Ware) relativ niedrig. Ein weiterer Ansatz kann aber sein, gute Früchte aus dem Streuobstbau zu getrockneten Apfelchips zu verarbeiten. Damit ist wiederum eine Stufe der Wertschöpfung im Betrieb gehalten und das Produkt ist ganzjährig anzubieten. Für diese Nutzungsoptionen wird verschiedentlich diskutiert, im Streuobst wieder einen Basispflanzenschutz zuzulassen. | |||||||||||||||||||||||||
Events und Tourismus Regionale Spezialitäten bieten eine gute Chance, sich und die Region zu positionieren. Das gelingt wohl selten als einzelner Betrieb alleine, kann für eine Gemeinde oder eine Region jedoch eine Option sein, wenn es professionell umgesetzt wird. Jeder kennt Sachsenhausen als Äppelwoi- und Kneipenviertel von Frankfurt. Und in Bollendorf in der Südeifel ist zum Apfelfest im September kurzfristig kein Pensionszimmer zu bekommen. Das Trierer Viezfest hat nach den letztjährigen Erfolgen gutes Entwicklungspotenzial. Oder die länderübergreifende Viezstraße (Route du Cidre) von Konz nach Saarlouis. Sie ist ein Beispiel für integrierte Regionalentwicklung, die Tourismus, regionale Eigenschaften und Erlebnis kombiniert. Die Liste ist problemlos verlängerbar. Durch Portale im Internet wie www.Streuobsttage.de oder den Aktionszeitraum der IG-Streuobst im Herbst können auch eigene und individuelle Veranstaltungen einem breiten Publikum angezeigt und beworben werden. Auch hier ist Potenzial vorhanden, das genutzt werden kann. Streuobst und Streuobstprodukte müssen positioniert und kommuniziert werden. Gemeinsam ist da einiges möglich. Moderne Kunden wollen Erlebnis, Events und Entspannung. Streuobst muss Spaß machen und Freude bereiten. Unsere moderne Gesellschaft ist in vielen Bereichen auf Flexibilität und Spezialisierung ausgerichtet. Viele Arbeitnehmer können heute nicht verlässlich für die kommenden Jahre planen. Da ist es verständlich und nachvollziehbar, wenn keine Verpflichtung für ein Grundstück mit Streuobstwiese eingegangen werden kann. Denn dies wäre eine Obligation für viele Jahre. Ganz davon abgesehen, ob es überhaupt Verkäufer gäbe und man als Neubürger und Zugezogener in die engere Käuferwahl käme. Auf der anderen Seite hat sich in der Gesellschaft ein starkes Bedürfnis nach Landleben, Natürlichkeit und Authentizität entwickelt. Diese Strömungen gilt es heute zusammenzubringen. In verschiedenen Regionen wird eine so genannte Streuobstbörse angeboten, bei der sich mittels Internetplattform Bieter und Suchende in Sachen Streuobst finden können. Sei es Kauf, Pacht oder nur Fruchtnutzung der Überschüsse. Zu prüfen wäre auch, ob landwirtschaftliche Betriebe, die noch größere Streuobstbestände haben, lediglich die Fruchtnutzung ihrer Bäume verkaufen und weitere Dienstleistungen zu Streuobst anbieten könnten. Schnitt und Pflege der Bäume erfolgt in diesem Konzept über den Betrieb, Ernte durch den „Käufer“. Kombiniert mit dem Angebot eines Kelterevents mit mobiler Kelterei könnte der „Käufer“ dann aus selbst aufgelesenen Früchten „seinen“ Saft auf dem Hof pressen lassen. In diesem Fall wären Obst- und Flächennutzung entkoppelt, die Bäume durch die erneute Wertsetzung aber längerfristig erhalten. Betriebe mit Hofladen könnten dadurch zusätzliche Kunden an sich binden. Teilweise gehen Gemeinden wieder dazu über, die Streuobstbäume auf den Gemeindeflächen zur Ernte zu versteigern. Selbst das kann als Event zelebriert werden und steigert die Identifikation mit dem Wohnort. | |||||||||||||||||||||||||
Bildung und Ausbildung Heute sprechen wir vielfach von Wissenserosion im Bereich Streuobst. Die Generation der Großeltern hat zwar noch das Wissen der Streuobstpflege und Nutzung, nicht aber deren Kinder. Nun gibt es einen Ansatz, die Eltern und Großeltern über die jüngste Generation in Kinder- gärten und Schulen zu erreichen und damit die Beschäftigung mit dem Thema Streuobst in den Familien neu anzuregen. Dies ist insbesondere für die Nutzung der eigenen Flächen von Interesse oder aber für die Nachfrage nach Streuobstprodukten im Handel. Bei Fragen hierzu kann man sich an die Streuobstberatung Rheinland-Pfalz wenden. Eine erste Kontaktaufnahme kann per E-Mail unter streuobst@dlr.rlp.de erfolgen. Die traditionellen Strukturen im Streuobst sind durch Veränderungen unserer Lebensgewohnheiten vielfach nicht mehr vorhanden und heute auch nicht mehr realistisch. Um die landschaftsprägenden Streuobstbestände zu erhalten ist aus obstbaufachlicher Sicht fast jede Maßnahme der Nutzung der Flächen sinnvoll. Denn die Nutzung der Obststoffe ist die Gewähr dafür, dass die Fläche als Streuobst bestehen bleibt. Damit verbunden ist eine ökologische Leistung des Habitats immer gegeben. Ein Brachfallen und eine Sukzession der Flächen bzw. eine Umwandlung zu Wald oder Acker wäre regelmäßig die ökologisch schlechtere Alternative für das Streuobst. | |||||||||||||||||||||||||
Die Vielfalt der Säfte und Weine ist beeindruckend. Foto: Dr. J Lorenz
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RBZ_Streuobst_S 014_Obst nutzen.pdfRBZ_Streuobst_S 015_Obst nutzen 2.pdf | |||||||||||||
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