Tierwohl von Kühen in Hitzeperioden - Hitzestress ade

Stand: 06/04/2021
Um das Tierwohl von Kühen auch in Hitzeperioden garantieren zu können, gibt es verschiedene Möglichkeiten des Abkühlens: zum einem mit Luft und/ oder mit Wasser.

Luftkühlung


Durch den Einbau von Ventilatoren werden der Luftaustausch und die Luftgeschwindigkeit im Milchviehstall erhöht. Luftgeschwindigkeiten ab 2 m je Sekunde sorgen für den entsprechenden Kühleffekt (Wind-Chill-Effekt) bei Kühen. Diese Forderungen sind insbesondere an den Liegebereich zu stellen, da sich die Kühe dort am längsten (10 – 12 Stunden) aufhalten.
Der letzte Sommer hat gezeigt, dass wenige, vereinzelte Lüfter in den Ställen nicht ausreichen, um für eine ausreichende Kühlung der Kühe zu sorgen. Ein Gesamtkonzept für den kompletten Stall ist erforderlich. Der Markt bietet eine Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten bezüglich dieser Problematik, u. a. Axial-, Vertikalventilatoren und Schlauchlüftungen.
Axialventilatoren sind auf Milchviehbetrieben die am häufigsten anzutreffenden Lüfter. Aus energetischen Gründen ist der Einsatz von Langsamläufern mit etwa 500 U/min zu empfehlen. Bei einem Durchmesser von 1,2 – 1,5 m erreichen sie einen Luftdurchsatz von 30.000 bis 50.000 m3 je Stunde.

Optimal ist die Anordnung von Axialventilatoren in Längsrichtung. Die Lüfter sollen in einer Reihe installiert sein, damit die Luft von einem Lüfter zum nächsten Lüfter „weiter gereicht“ (Step by Step) wird. Der Abstand der Lüfter zueinander ist abhängig vom Durchmesser der Lüfter. Es gilt, dass je 10 cm Durchmesser etwa 1 Meter Wurfweite erreicht wird. Neben der Anordnung in Längsrichtung (Abbildung 1) ist auch eine Anordnung in Querrichtung möglich (Abbildung 2).

Des Weiteren gilt es folgendes zu beachten. Die ersten Lüfter einer Reihe sollten unbedingt im Stallgiebel bzw. in der Traufe angeordnet sein, damit frische und saubere Luft in den Stall gefördert wird. Idealerweise transportieren die Lüfter die Luft in der Hauptwindrichtung. Die letzten Lüfter fördern die belastete Stallluft aus dem Gebäude heraus. Die optimale Einbauhöhe ist bei ca. 2,70 m und einem Neigungswinkel von 10 – 15o. Die Luftgeschwindigkeit sollte an die Temperatur im Kuhstall angepasst werden, d. h. je wärmer es im Stall wird, desto höher muss die Luftgeschwindigkeit sein. Lüfter, die ständig unter Volllast laufen, benötigen keine Frequenzsteuerung. Sind aber lange Laufzeiten bei einer reduzierten Drehzahl wahrscheinlich, dann ist aus Gründen der Energieeinsparung eine Frequenzsteuerung zu befürworten.
Der letzte heiße Sommer hat die Erkenntnisse gebracht, den Abstand zwischen den Lüftern um 1/3 zu verringern. Dadurch lassen sich unter den Lüftern höhere Luftgeschwindigkeiten und genauere, Ziel gerichtete Luftströme realisieren (siehe folgende Abbildung 3).

Vertikallüfter (Deckenventilatoren) haben größere Durchmesser von > 6m und demzufolge höhere Luftleistungen von >200.000 m3/h. Sie sind vom Energieverbrauch her günstiger als Axialventilatoren. Die Lüfter werden in der Regel in der Mitte des Stalles über dem Futtertisch installiert. Die Stallinneneinrichtung und stehende Kühe reduzieren den Luftstrom bzw. die Luftgeschwindigkeit sehr schnell, sodass eine positive Wirkung nach außen in die Liegebuchten kaum noch messbar ist.
Die Schlauchlüftung ist eine weitere Möglichkeit der Kühlung der Kühe mit Luft. Das System ist vergleichbar mit der Schlauchlüftung in Kälberställen. Bei den Kühen sind dagegen höhere Luftgeschwindigkeiten erforderlich, d. h. die Schläuche benötigen größere Öffnungen.

Wasserkühlung


Neben der oben beschriebenen Möglichkeit, die Kühe zu „kühlen“, kann dem Hitzestress auch mit Wasser entgegengewirkt werden. Es wird zwischen Hochdruck- und Niederdruckanlagen unterschieden. Der Abkühleffekt beruht bei beiden Systemen auf dem gleichen physikalischen Prinzip. Es entsteht Verdunstungskälte durch das Vernebeln von Wasser (Hochdruck) oder durch das großtropfige Besprühen (Niederdruck) der Kühe.

Hochdruckanlagen vernebeln das Wasser im Stall sehr fein. Die Temperatur sinkt im Stall, jedoch führt das Vernebeln zu einer höheren Luftfeuchte im gesamten Stall. Mit zunehmender Luftfeuchte wird der Sättigungsgrad der Stallluft schneller erreicht. Ab etwa 70 % Luftfeuchte treten kaum noch positive Kühleffekte auf. Deshalb ist der ideale Einsatzbereich von Hochdruckanlagen bei Luftfeuchten von <30%.

Bei Niederdruckanlagen wird das Wasser großtropfig auf die Kühe versprüht. Die Kühe werden zeitlich begrenzt „beregnet“ und anschließend gibt es eine zeitlich begrenzte „Regenpause“. Die aufgestaute Körperwärme der Kühe trocknet das Fell wieder ab. Je nach System und Situation können die Beregnungs- und Trockenphasen zeitlich verändert werden. Die Trocknungsphase ist so lang zu wählen, dass ein unnötiger Anstieg der Luftfeuchte vermieden wird. Die Installation von solchen Niederdruckanalgen ist räumlich begrenzt und kann z.B. im gesamten oder in Teilbereichen des Fressbereiches, dem Laufhof oder im Wartebereich des Melkstandes erfolgen. Eine Beregnung ist immer als Zusatz zu den Ventilatoren zu sehen und ist somit eine zusätzliche, ergänzende Möglichkeit, die Kühe zu kühlen.

Von Juni bis September, wenn die Temperaturen über einen längeren Zeitraum über 15°C ansteigen, geraten Hochleistungskühe schnell in Hitzestress. Es ist jetzt an der Zeit, die Weichen für den nächsten Sommer zu stellen.
Sollten Sie Fragen haben, dann können Sie sich an Werner Baumgarten (DLR Westerwald-Osteifel) oder Herbert Rieder (DLR Eifel) wenden.

Abbildungen: © Herbert Rieder, DLR Eifel

Im Anhang finden Sie den ausführlichen Fachbeitrag von Werner Baumgarten (DLR Westerwald-Osteifel) und Herbert Rieder (DLR Eifel) mit Fotos als pdf-Dokument.

Hitzestress-Kühe_Baumgarten-Rieder_2019-05-31.pdfHitzestress-Kühe_Baumgarten-Rieder_2019-05-31.pdf

    www.Tierhaltung.rlp.de